Eigentlich sah alles so aus, wie an einem gewöhnlichen Jodlerabend: Die Tische waren mit Blumen geschmückt, an einem Gestell auf der Bühne hingen prächtige Glocken und Treicheln und an der Wand flatterte leicht die Schweizerfahne. Nur etwas passte nicht ins Bild: Auf dem Parkplatz vor der Halle standen lauter Autos mit ausländischen Kennzeichen. Des Rätsels Lösung: Der Jodlerabend ging nicht in der Schweiz, sondern 6000 km entfernt in Kanada über die Bühne; und mittendrin das Jodlerchörli Geuensee. Auf Einladung der «Schweizer Jodlerfreunde» aus Ontario (Kanada) nahm das Jodlerchörli Geuensee nämlich an der Jodlerstube in Milverton, 150 km westlich von Toronto, teil. Unter den 300 Besuchern wurde bunt gemischt Englisch und Schweizerdeutsch gesprochen. Der eine oder die andere Zuhörerin oder Zuhörer wischte sich verstohlen eine Träne aus den Augen bei den heimatlichen Klängen.
Zwei Tage verbrachten wir zusammen mit unseren neuen Jodlerfreunden. Am zweiten Tag, am Sonntag nach dem Jodlerabend, wurde am gemeinsamen Barbecue gegessen, getrunken, gelacht, gesungen und musiziert. Es war ein einmaliges Erlebnis, der Abschied fiel entsprechend schwer, wir fanden Freunde für Leben.

Doch das Abenteuer Kanada war für uns vom Jodlerchörli noch nicht vorbei. Zusammen mit Reiseführerin Gerda und «Driver» Garry machten wir uns auf eine kleine Rundreise quer durch Ontario und Quebec. Die Niagarafälle durften dabei ebenso wenig fehlen wie die Stadtbesichtigungen von Toronto, Ottawa und Montreal. Und dazwischen besuchten wir immer wieder Schweizer Auswanderer auf ihren Farmen, wurden mit Wärme empfangen und zuweilen fürstlich bewirtet. Einige Mal nutzen die Kanada-Schweizer unsere Besuche gleich als «Event». So auch auf der Farm der Familie Hüsler in Farnham in der Nähe von Montreal. Weit über 100 Personen empfingen uns dort, es war ein richtiges Fest. Viele nahmen stundenlange Anfahrten in Kauf, um ihresgleichen und uns zu treffen und unserem Gesang zu lauschen. Auch da wurde die eine oder andere Träne vergossen und auch da durften wir unzählige Glückwünsche und Dankesworte entgegennehmen. Fernab unserer Heimat haben wir erfahren, was «Traditionen pflegen» bedeutet.